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2 L(i)ebensjahre - von der Raupe zum Schmetterling

  • Melanie
  • 8. Feb. 2019
  • 8 Min. Lesezeit

MitAnanda wachsen

Viel ist passiert in dem vergangenen Jahr. Viele Prozesse waren im Gange und meine kleine Elfe hat sich in eine richtige kleine Frau verwandelt. Ein Wandlungsprozess der auch von mir jede Menge Gelassenheit und Geduld abverlangt hat und heute, rückwirkend betrachtet, bin ich unglaublich stolz, denn durch meine bindungs- und bedürfnisorientierte Begleitung hat sie die Möglichkeit selbstbestimmt und natürlich zu wachsen und ich hab die Möglichkeit die Welt wieder durch Kinderaugen zu betrachten. Ich hatte unglaublich viele Gelegenheiten ihr Wesen kennenzulernen und ihr den Raum zu geben, ihr Wesen zu entfalten.

Auch für mich ist die Erfahrung Mama zu sein jeden Tag erneut ein Wachsen und Werden und ein Prozess des Lernens. Ich lerne vor allem einen Gang runter zu schalten. Langsamer zu werden. Bewusster zu werden. Achtsamer zu werden. Ich lerne nach und nach immer mehr mich ihrem Tempo anzupassen und stehen zu bleiben. Im Moment zu sein. Im Hier und Jetzt. Und nicht immer gelingt mir das und ich ertappe mich dabei, wie ich im Alltag haste und eile und so gar nicht im Moment verweile. Und ich bin dankbar, dass mich meine Tochter immer wieder erneut daran erinnert, auf wundersame Weise. Und auch so geduldig mit mir ist, denn auch für mich ist all dies ein Wandlungsprozess.

„Geboren wird nicht nur das Kind durch die Mutter, sondern auch die Mutter durch das Kind.“

Gertrud von Le Fort

Dieses Zitat hat mich schon immer sehr berührt und es ist so wahr. Denn beim ersten Kind werden auch wir Mütter neu geboren und dürfen uns nach und nach immer mehr in unsere Rolle als Mama einfinden und wachsen mit den täglichen neuen Herausforderungen. Bei uns ist vor allem im vergangenen Jahr unglaublich viel passiert. Denn zwischen dem ersten und zweiten Lebensjahr passieren Quantensprünge in der kindlichen Entwicklung. Inaara lernte selbstständig gehen, spricht immer mehr und verständlich, ihre feinmotorischen Fähigkeiten wurden immer geschickter und sie entdeckte ihren eigenen Willen. Hui!

Mut zur Wut

Manchmal wurde sie zu einem richtigen kleinen Wutzwerg und ich stand ein paar mal an dem Punkt an dem ich nicht mehr weiter wusste und sich Verzweiflung breit machte. Zu dieser Zeit bin ich über das absolut empfehlenswerte Buch „Das gewünschteste Wunschkind aller Zeiten treibt mich in den Wahnsinn: Der entspannte Weg durch Trotzphasen“ von Danielle Graf und Katja Seide, gestoßen. Dieses Buch hat mich gut durch diese Zeit getragen und mich sehr dabei unterstützt diese Gefühlsausbrüche emphatisch zu begleiten. Auch Jesper Juul hält mit seinen Werken gute Tipps und Ratschläge bereit, zB. „Nein aus Liebe“ oder „Kinder brauchen keine Erziehung“.

Die Essenz ist für mich, dass es unglaublich wichtig ist, diesen Emotionen Raum zu geben und Ventile zu schaffen. Wir, als Erwachsene, sind hier um unser Kind in diesem Gefühlsrausch angemessen und emphatisch zu begleiten. Unser Kind ist bis zu einem gewissen Alter restlos überfordert mit dieser Welle an Gefühlen und noch nicht fähig dazu sich selbst zu regulieren, weil dies das kindliche Gehirn einfach noch nicht schafft und sich diese Fähigkeit erst entwickeln darf. Bei uns Erwachsenen ist das rationale Gehirn bereits vollkommen entwickelt, bei Kindern entwickelt sich dieser Teil des Gehirns erst im Laufe der Zeit. Demnach können sie ihre eigenen Impulse noch nicht kontrollieren und handeln ausschließlich mit dem emotionalen Gehirn, dem limbischen System, welches starke Emotionen auslöst. Deshalb ist es so wichtig, dass wir als Elternteil, diese Reaktionen nicht auf uns beziehen, sondern die kindliche Überforderung wahrnehmen und unser Kind feinfühlig und liebevoll begleiten. Das braucht es unbedingt, sodass sich das kindliche Gehirn natürlich entwickeln kann und auch später gut mit den eigenen Emotionen umgehen kann. Mit den „richtigen“ Erfahrungen ermöglichen wir einen fördernden Prozess der Selbstregulation.

Ich hab mich unglaublich viel damit befasst und mir auch so einige Gedanken dazu gemacht und oft stundenlang nach Erklärungen gesucht um besser verstehen zu können und es vor allem auch nicht persönlich zu nehmen und auf mich zu beziehen. Deshalb möchte ich euch an dieser Stelle ein paar Tipps mit auf den Weg geben, wenn ihr mal nicht weiter wisst.

6 Tipps zur liebevollen Begleitung

  • das wohl allerwichtigste und gleichzeitig die größte Herausforderung: RUHE bewahren und PRÄSENT sein. Man wächst aus den eigenen Erfahrungen kann ich jetzt sagen und es wird leichter, vor allem wenn man sich immer vor Augen führt, warum dies passiert und Verständnis entgegen bringt.

  • Gefühle ernst nehmen und Raum geben – ZUHÖREN – ich begleite liebevoll und verständnisvoll, AUCH wenn ich bei einem klaren Nein bleibe, wenn dies gerade notwendig ist

  • JA – Umgebung schaffen – und auch in der Wahl der Worte versuche ich so gut es geht ein Nein zu meiden, natürlich, alles mit Maß und Ziel und manchmal ist ein klares Nein oder Stopp unumgänglich, dennoch achte ich großteils bewusst darauf das Nein- Wort eher zu meiden, denn wenn dies massenhaft verwendet wird, wird es wohl irgendwann überhört und verliert an Gewichtigkeit

  • ICH – Sprache – ich spreche von mir in der ersten Person und nicht in der dritten Person „Mama will das nicht.“, das fiel mir in erster Linie bei meiner eigenen Mama und meiner Oma auf und seither achte ich ganz besonders darauf, denn es fühlt sich viel glaubwürdiger an wenn ICH meine Bedürfnisse im ICH kommuniziere, genauso verhält es sich mit dem „man“-Wort „Man soll das nicht tun“

  • VENTILE SCHAFFEN – Vorbildfunktion – Spielerisch sein – es ist wichtig, auch für mich selbst, aufgestaute Energie fließen zu lassen, bei uns hoch im Trend Polsterhauen und in den Boden stampfen und manchmal reicht auch einfach hüpfen und tanzen oder einfach darüber lachen und einen Spaß daraus machen :-)

  • SELBSTBESTIMMT – ich lasse sie so gut es geht selbst entscheiden und beziehe sie in unsere alltäglichen Situationen und Entscheidungen mit ein, zB. Beim Anziehen, beim Einkaufen, beim Wäsche aufhängen, beim Kochen, ...

Diese Tipps können solche Situationen wirklich sehr deeskalieren. Für mich ist es nach wie vor manchmal sehr herausfordernd und mir gelingt es nicht immer all meine Tipps selbst auszuführen, aber ich finde darum geht es letztendlich auch nicht, denn wir sind Menschen und keine Maschinen und wenn ich durch all diese Erfahrungen eines am allermeisten gelernt habe, dann ist es, nicht perfekt sein zu wollen. Und dieser kleine Mensch an meiner Seite, zeigt mir das jeden Tag aufs Neue, dass es in Ordnung ist, all seinen Gefühlen Ausdruck zu verleihen und ich dennoch angenommen werde. So wie ich bin. Ein Geben und Nehmen. Und seit dem ich es aus diesen Augen betrachten kann, merke ich selbst, wie viel los-gelassener ich bin und wie sehr die Verbindung zwischen mir und meiner Tochter daraus profitiert.

FREI SEIN – Weltenentdeckerin

Mit 14 Monaten war es dann soweit.... Inaara begann selbstständig zu gehen und laufen und wollte seither die Welt entdecken. Ab diesem Zeitpunkt war dies ihre Lieblingsbeschäftigung und am liebsten wäre sie immer und überall nur auf ihren beiden Beinen unterwegs gewesen. Verständlich. Da es die Zeit in den meisten Fällen zu lies, lies ich sie in ihrem Tempo die Welt entdecken und so dehnten sich unsere Spaziergänge zeitlich ein wenig aus. Mit der Zeit bekam ich auch ein Gefühl für die verzögerte Zeitwahrnehmung und verzehnfachte die Zeit die es braucht um bei einem Ziel anzukommen einfach. Ganz nach dem Motto: in der Ruhe liegt die Kraft. Die Zeit blieb nicht nur einmal stehen.

Spaziergänge dauerten eine gefühlte Ewigkeiten und Einkaufen gehen oder U-bahn fahren wurde zu einem unglaublich aufregenden Abenteuer. Ich sah einfach wie viel Freude ihr diese Freiheit bereitete und sofern es unsere Zeit zuließ und keine Termine anstanden, sah ich nichts was dagegen sprach. Zum einen konnte sie ihre motorischen Fähigkeiten dadurch unglaublich verfeinern und ihr Wesen damit bereichern und zum anderen lernte ich dadurch langsamer zu werden. Welch großes Geschenk.

Ein weiterer positiver Nebeneffekt ist natürlich auch, dass sie sich in dieser ihr neuen Umgebung erfahren konnte und demnach bemerkte sie sehr schnell, wie die Dinge hier auf der Erde so funktionieren und von statten gehen. Mittlerweile ist sie ein richtiger kleiner Profi im Straßenverkehr und im Stadtleben und auch beim Einkaufen weiß sie ganz genau was zu tun ist. Sie schnappt sich den kleinen Einkaufswagen und los geht das Abenteuer. Bei der Kasse hilft sie mir beim ausräumen und Einkauf auf das Förderband legen und am liebsten würde sie den Einkauf auch gleich nach Hause tragen, das dauert allerdings noch eine Weile. Mittlerweile kann ich meine Kleine auch schon sehr gut einschätzen und spüre in den meisten Fällen ganz genau wann ich ihr was zutrauen kann. Und manchmal muss es auch einfach schnell gehen, dann kommuniziere ich ihr mein Bedürfnis. Bei ausgedehnten Spaziergängen in der Natur entdeckt sie immer wieder etwas am Boden, betrachtet ein Blatt oder eine Blume vor Freude, oder erfreut sich wie heute an den Raben und Tauben. Macht einen Schritt nach dem anderen ganz ohne Eile.

Es gibt nichts schöneres als zu sehen, wie selbstbestimmt sie durch ihr Leben wandert und wie abenteuerlich es sein muss all diese Erfahrungen zu machen. Am meisten lacht mein Herz, wenn ich sehe, dass sie vor nichts zurück schreckt und zB. Beim U-bahn fahren den meisten Menschen mit offenem Herzen begegnet. Nicht erst einmal wurde so eine Fahrt zu einem herzhaften Kabarett. :-) und plötzlich öffnen sich die Herzen der Menschen. Einfach schön zu beobachten was so ein kindliches Herz macht. Von dieser kleinen Lehrmeisterin darf ich jeden Tag so viel lernen.

WindelFREI SEIN

Wow. Ich bin so froh, dass dies bei uns einfach so nebenbei passiert ist. Ganz ohne Zutun, einfach aus der Leichtigkeit und Natürlichkeit heraus. Mittlerweile ist sie seit 3 Monaten komplett windelfrei. Begonnen hat es eigentlich schon letzten Sommer, als sie ca. 1,5 Jahre alt war. Zu Hause war sie die meiste Zeit ohne Windel und unterwegs wenn wir im Grünen und Freien waren auch. Zu Hause bekam ihr neuer Thron einen speziellen Platz auf einem schönen Teppich und eine Rolle Klopapier stand daneben, sie hat mich ja bereits lange Zeit beobachtet wie ich das so mache und wollte mir dies natürlich gleich tun.

Sie war von Beginn an total motiviert und saß oft stundenlang am Töpfchen, meistens dann wenn sie gerade nicht musste. Am Anfang ging relativ viel daneben, doch nur so erkannte sie, dass ohne der Windel natürlich alles zu Boden fließt und das bewegte sie immer mehr dazu, ihren Thron auch dann aufzusuchen, wenn sie spürte, dass sich etwas anbahnt. Das hatte sie relativ rasch raus und ab den Zeitpunkt, als das erste Lulu ins Töpfchen ging, hat es ihr gleich noch mehr Freude bereitet. Die Nächte haben wir bisher noch nicht windelfrei verbracht.

Dann ging unsere Reise nach Indien los und ich beschloss, wenn überhaupt dann ohnehin nur Stoffwindeln zu verwenden und diese nur in der Nacht und tagsüber entweder nackt, oder mit Unterhose. In Indien wusste ich, ich konnte es total gelassen und locker angehen, auch wenn ich mit ihr unterwegs bin ist es dort weniger problematisch als zu Hause im winterlichen Wien. Unser Aufenthalt entwickelte sich so, dass es untertags bereits wunderbar funktioniert hat und eines Nachts vergaß ich ihr eine Stoffwindel überzuziehen und sie blieb die ganze Nacht trocken und das war der Moment ab dem wir auch Nachts die Windeln komplett wegließen. Es passierte zwar hin und wieder zu Beginn das etwas daneben ging, aber das war nicht weiter tragisch, nach nur kurzer Zeit, wurde sie sogar in der Nacht munter und ging alleine aufs Klo.

Natürlich braucht es für diesen Weg sehr viel Geduld, Gelassenheit und Vertrauen. Irgendwie hat es sich immer gut ergeben und wir fanden immer eine Lösung wie sie es problemlos fließen lassen konnte, vor allem wenn wir unterwegs waren. Ich fragte immer wieder nach, vor allem bevor wir uns auf den Weg machten, ob sie denn müsse. Mittlerweile schafft sie es sogar, es eine Zeit lang abzuwarten und zurück zu halten bis wir zu Hause sind oder bei der nächsten Klo-Möglichkeit. Unterwegs ging es bisher echt noch nie daneben. Mich beeindruckt es immer wieder erneut und es ist unglaublich wie schnell sie den Dreh raus haben, wenn man ihnen die Möglichkeit dazu gibt. Schneller als man denkt. Ich hab ihr wenn mal was daneben ging auch niemals das Gefühl gegeben, dass dies schlimm sei. Es war absolut in Ordnung und ein Teil ihres Lernprozesses und somit hab ich ihr niemals die Freude daran genommen. Tja, so hat sich diese Geschichte von selbst ergeben und erledigt. :-)

Also ihr Lieben, Vertrauen lohnt sich!

Ich freu mich wenn für den ein oder anderen Inspiration oder ein paar hilfreiche Tipps dabei waren. Ihr könnt mich auch jederzeit sehr gerne anschreiben, wenn ihr Fragen habt, nur her damit. :-)

Herzensgrüße,

Melanie


 
 
 

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